Stumm-Orgel Weinheim

Unsere Weinheimer Orgel war bereits vorhanden als die Kirche 1892 ihre neugotische Innenausstattung erhielt. Ein Vertrag ist nicht erhalten, jedoch ist sie ohne Zweifel ein um 1800 erbautes Instrument aus der dritten Generation Werkstatt Stumm. Stilistische Merkmale, nicht zuletzt der erweiterte Manualumfang von C bis f³ sprechen dafür, dass die Orgel von Friedrich Carl Stumm (1744-1823) erbaut wurde. Ursprünglich war wohl kein Pedal vorhanden. Das heutige Pedal mit zwei Registern wurde 1838 durch Carl Landolt aus Heimersheim hinzugefügt, im Zuge dieses Umbaus veränderte er auch das zweifüßige Salicional in ein vierfüßiges Register und baute die Terz zu Flageolett 2′ um. Außerdem ersetzte er, dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend, das Zungenregister durch ein Salicional 8′ und entfernte den Tremulanten. Wegen der Umgestaltung des Innenraums wurde die Orgel 1892 durch Heinrich Bechstein ausgebaut und anschließend wieder aufgestellt, leider nicht ohne sie durch entsprechende Änderungen „zeitgemäß“ zu machen.

Die Register Salicional 8′ und 4′, das Flageolett, die Mixtur und die Keilbälge bezeichnete er als unbrauchbar. Dementsprechend lieferte er einen neuen Magazinbalg und als neue Register ein Salicional 8′ und einen Prinzipal 8′. Quinte und Oktave 2′ machte er zusammen mit einer neuen Pfeifenreihe Oktave 4′ ab c1 zu einer neuen Mixtur.

1917 mussten die Prospektpfeifen zu Rüstungszwecken abgeliefert werden, diese wurden 1922 durch Zinkpfeifen ersetzt. Die heute vorhandene Flöte 8′ im Diskant ist kein Stummsches Register, sie wurde zu unbekannter Zeit eingebaut und steht anstelle der ursprünglich vorhandenen Flöte 8′.

1975 wurde die Orgel durch Förster & Nicolaus restauriert. Dabei wurde die überlieferte Originalgestalt wieder hergestellt. Das Bechsteinsche Pedal und der Magazinbalg wurden beibehalten. Die gesamte Orgelanlage wurde auf ein Podest gestellt um eine bessere Klangentfaltung und einen besseren Sichtkontakt zwischen Organist und Pfarrer zu gewährleisten.

Im Jahr 2016 wurde das Instrument einer umfangreichen Reinigungs- und Instandsetzungsmaßnahme durch die Orgelbaufirma Förster & Nicolaus unterzogen.

Die Disposition
Manual C – f³, 54 Tasten
Prinzipal 4′, Prospekt
Grobgedackt 8′, B/D
Flaut Discant, Holz, ab c1
Quint 3′
Solicional 2’/4′, 1975
Superoktave 2′
Kleingedackt 4′
Terz 1 3/5′, 1975
Mixtur 3fach, 1975
Krummhorn B, 1975
Trompet D, 1975
Tremulant, 1975
Pedal C-f°, 18 Tasten (1838)
Subbaß 16′
Oktavbaß 8′

Pedalkoppel

Ungleichstufige Temperierung , a1 entspricht etwa dem heutigen Kammerton.
Die Bechsteinsche Balganlage kann auch heute noch, nach Einstecken des Balghebels, per Hand betrieben werden.

Umfangreiche Pflegemaßnahme im Jahr 2016

Nach über 40 Jahren wurde an dem wertvollen Orgelwerk erstmals im Jahr 2016 eine umfangreiche Pflegemaßnahme notwendig, ausgeführt von der Orgelbaufirma Förster & Nicolaus (Lich/Oberhessen). Im Wesentlichen ging es dabei um die gründliche Ausreinigung des gesamten Instruments und eine Überarbeitung der Trakturen. Außerdem wurde der Magazinbalg neu beledert, die Gebläsemaschine durch eine Dämmung geräuschärmer gemacht, die Prospektpfeifen poliert und Registerschilder in der für den Erbauer typischen Gestalt rekonstruiert. Die Maßnahme kostete ca. 34.000,- Euro.

Rainer Groß

Quellen: Balz/Menger, Alte Orgeln in Hessen und Nassau, 2. Auflage 1977, Akte „Orgel“ im PfA Offenheim