Weinheim

Weinheim ist der größte Stadtteil der Stadt Alzey mit über 1.900 Einwohnern, 772 bereits urkundlich erwähnt. Die Landwirtschaft und insbesondere der Weinbau waren schon hoch entwickelt, deshalb ist anzunehmen, dass hier schon viel früher gesiedelt wurde.

Weinheim hat eine evangelische und eine katholische Kirche, alte Mühlen, wie die Neumühle, die Poppenmühle oder die Würzmühle. Heute verfügt der Ort über verschiedene Gaststätten, Bäckerei, Metzgerei, Apotheke, Bankfilialen, Kindertagesstätte, Grundschule und eine Sporthalle. Das Vereinsleben ist in Weinheim sehr ausgeprägt. Die Rheinhessische Weinkönigin 1999 stammte aus Weinheim, des Weiteren hat Weinheim schon sieben Alzeyer Weinköniginnen hervorgebracht.

Bekannt wurde Weinheim durch die Naturdenkmale „Trift“ und „Zeilstück“ sowie durch das ehemalige Naturdenkmal „Wirtsmühle“. Bei der Sandgewinnung in den ehemaligen Sandgruben kam ein reichhaltiges Spektrum von außergewöhnlich gut erhaltenen Fossilien zu Tage, welche die optimalen Lebensbedingungen vor zirka 30 Millionen Jahren an den subtropischen Küsten der Weinheim-Bucht belegen. Die Schalen von Austern, Samtmuscheln und weiteren Meeresmuscheln und -schnecken, Spuren von Rochen und Rippen einer Seekuh können an der Steilwand der „Trift“ entdeckt werden. Wie bereits seit über 150 Jahren sind die Naturdenkmale „Trift“ und „Zeilstück“ bis zum heutigen Tag Ziele wissenschaftlicher Exkursionen.

Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde und ihrer Kirche
Die aus dem Mittelalter stammende römisch-katholische Pfarrkirche St. Gallus wurde zur Zeit der Reformation, um das Jahr 1557, zur lutherischen, ab etwa 1563 zur reformierten Kirche. Die Pfälzische Kirchenteilung im Jahr 1706 traf die reformierte Gemeinde schwer: Die „Kirche und die Pfarrbesoldung mit liegendem Gut wurden den Reformierten entzogen und den Katholiken zugewiesen.“ (Pfarrer Wacker) Die Gottesdienste fanden in einer „Gemeinde-Zehnden-Scheune“ statt. In den Jahren 1739 und 1744 kaufte die Gemeinde einen Bauplatz nebst Garten für das neu zu bauende Schulhaus. Dieses wurde im Jahr 1745 vollendet.

Im Jahr 1747 kauften die Reformierten ein weiteres Grundstück. Im gleichen Jahr, in der Amtszeit des Pfarrers Isaak Koch aus Mauchenheim (Weinheim gehörte damals zu dessen Pfarrbezirk) wurde der Bau der Kirche in die Tat umgesetzt. Der Initiator für den Kirchbau war der reformierte Lehrer Johannes Spangenberg. Seinem Aufruf „Wir müssen eine Kirche haben, mags auch gehen wie es will!“ standen die Worte des Presbyteriums gegenüber, dass man kein Geld für diesen Bau habe. Deshalb wurden vertrauenswürdige Männer auf Kollektenreisen entsandt, darunter auch Spangenberg. Er erbat Kollekten beim Kurfürsten, reiste nach Holland und in die Schweiz. Weitere Spenden kamen aus Oberhessen und dem Heidelberger Raum.

Am 17. November 1748 feierte die Weinheimer reformierte Gemeinde die Einweihung ihrer Kirche. Über dem schlichten Barockportal war eine Inschrift zu lesen. Die Übersetzung des lateinischen Textes: Diese Kirche wurde im Beginn der Regierung des erhabensten Kaisers Franz I., unter dem Inspektor des Alzeyer Bezirks, dem hochverdienten, hochgelehrten Herrn J. S. Porlock, unter dem Pfarrer Isaak Koch von der kurpfälzischen evangelisch-reformierten Gemeinde Weinheim bei Alzey aus reformierten Kollekten erbaut, im christlichen Jahr 1747. Dieser Stein wurde beim Bau des Glockenturms 1923/27 zur linken Seite des Eingangs versetzt.

Seit der Union von Reformierten und Lutheranern im Jahr 1822 diente die Weinheimer Kirche beiden evangelischen Konfessionen als Gotteshaus.

Das Jahr 1892 war ein besonders ereignisreiches Jahr für die Evangelischen in Weinheim: In diesem Jahr wurde eine vollständige Innen- und Außenrenovierung der Kirche vorgenommen. Die Mittel hierzu stellte der in Weinheim geborene und in Hamburg lebende Georg Neidlinger zur Verfügung. Die Kosten in höhe von 52.309,98 Goldmark bestritt Neidlinger alleine aus seinem Privatvermögen. Man bezeichnet ihn noch heute als großzügigen Gönner seiner Heimatgemeinde. Er finanzierte auch viele Maßnahmen der bürgerlichen Gemeinde und der katholischen Pfarrgemeinde. Bis heute nennen ihn die Weinheimer liebevoll den „Hamburger Onkel“.

Die Weinheimer Chronik berichtet, dass durch diese grundlegende Renovierung die Evangelische Kirche Weinheim zu einem herrlichen Kunstwerk im edelsten Sinne des Wortes umgestaltet worden sei. Der gesamte Innenraum wird von dem in Hamburg (!) hergestellten Eichenholz gestalteten Gestühl beherrscht, dessen optischer Zielpunkt die Kanzel darstellt. Bei den Holzarbeiten (Gestühl, Empore, Kanzel) prägen neogotische Formen das Erscheinungsbild. Die Wände sind mit zahlreichen Ornamenten und Malereien kunstvoll ausgestaltet. Der große Kronleuchter lässt an hohen kirchlichen Festtagen und anderen besonderen Anlässen sein Licht erstrahlen.

Bis in das Jahr 1921 trug die schlichte Barockkirche einen Dachreiter. Als dieser instabil wurde und beim Läuten der Glocken stark schwankte, entschloss sich der Kirchenvorstand, einen neuen Turm zu bauen. Dieser fand direkt vor der Kirche seinen Platz. Im Zuge dieser Maßnahme wurde im Eingangsbereich eine Gedenktafel zu Ehren der im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten angebracht. Nach einer Bauzeit von vier Jahren war das Werk vollendet und der neue Kirchturm wurde am 11. Dezember 1927 eingeweiht. Im Glockenstuhl haben vier Glocken ihren Platz gefunden.

Die Orgel wurde vermutlich nach ersten Renovierungsarbeiten im Jahr 1792 eingebaut. Vieles spricht dafür, dass sie aus der Werkstatt der berühmten Hunsrücker Orgelbau-Dynastie Stumm stammt. Das Instrument bestand ursprünglich aus einem Manual mit 11 Registern. Das mit zwei Stimmen besetzte Pedalwerk wurde nachträglich, im Jahr 1838, durch den Heimersheimer Orgelbauer Carl Landolt hinzugefügt. Vor der Renovierung durch Georg Neidlinger baute der Orgelbauer Heinrich Bechstein die Orgel aus und stellte sie anschließend, in Verbindung mit einigen zeitgemäßen Veränderungen der Disposition, wieder auf. Im Jahr 1975 führte die Orgelbaufirma Förster & Nicolaus (Lich/Oberhessen) eine umfassende Restaurierung des wertvollen Orgelwerks durch. Im Jahr 2016 wurde das Instrument einer umfangreichen Reinigungs- und Instandsetzungsmaßnahme durch die Orgelbaufirma Förster & Nicolaus unterzogen.

Nachfolgend können Sie den Kirchenführer herunterladen.

Quellen: Wikipedia; Eric Bohn (Hg.), Die evangelische Kirche zu Alzey-Weinheim, 2022